[PDF]Prof. Dr. Stefan Sell • Altersarmut diesseits und jenseits der Grundsicherung • 2018
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4.9.2018
Die vorhandene und kommende Altersarmut diesseits und jenseits der bedürftigkeitsabhängigen Grundsicherung im Alter - Aktuelle . . .
Aktuelle Sozialpolitik
Informationen, Analysen und Kommentare aus den Tiefen und Untiefen der Sozialpolitik
Die vorhandene und kommende
Altersarmut diesseits und jenseits der
bedürftigkeitsabhängigen
Grundsicherung im Alter
1 . September 201 8 von Stefan Seil
In diesen Tagen tobt eine Debatte über ein mehr als
anspruchsvolles Konzept der Rentenpolitik: „das“ Rentenniveau.
Mit einigen der üblichen großkoalitionären Verrenkungen im
Gefolge miteinander vermischter Tauschgeschäfte (aufgrund der
nun auch realisierten Forderung aus der Union, den Beitrag zur
Arbeitslosenversicherung stärker abzusenken als im
Koalitionsvertrag mit 0,3-Prozentpunkte vereinbart, gab es
Verzögerungen bei der Verabschiedung des Gesetzentwurfs die
Rentenversicherung betreffend) ist nun das verabschiedet
worden, was man schon im Koalitionsvertrag als „doppelte
Haltelinie“ vereinbart hatte: das „Rentenniveau“ soll bis 2025 nicht
unter die heutigen 48 Prozent fallen und der Beitragssatz (derzeit
18,6 Prozentpunkte) darf nicht über die Marke von 20 steigen.
Wobei man zur Kenntnis nehmen sollte, dass das, was hier als
energisches Handeln simuliert wird, sowieso eingetreten wäre:
»Wenn wir uns die Vorausberechnung des sogenannten
Sicherungsniveaus vor Steuern ... anschauen, dessen Ergebnis
im Rentenversicherungsbericht 2017 der Bundesregierung
veröffentlicht wurde (siehe die Abbildung am Anfang dieses
Beitrags), dann erkennt man, dass bis zum Jahr 2024 das
Sicherungsniveau vor Steuern sowieso nicht unter die genannte
Grenze von 48 Prozent fallen wird, wenn denn die Annahmen der
Vorausberechnungen zugrunde gelegt werden ... Wie praktisch,
man kann als ein Ergebnis eine „Haltelinie“ beim
Sicherungsniveau verkaufen, das sowieso schon mit einer
gewissen Wahrscheinlichkeit eintreten wird. Danke für nichts, wird
der eine oder andere an diese Stelle denken«, so der Hinweis
bereits in dem Beitrag Umrisse einer GroKo neu. Teil 2: Die
Rentevom14. Januar 2018.
Etwas aufgehalten wurde der großkoalitionäre Findungsprozess
bei der Abarbeitung der rentenpolitischen
Kompromissvereinbarungen aus dem Koalitionsvertrag durch den
für nicht wenige überraschenden Vorstoß des
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Bundesfinanzministers Olaf Scholz (SPD), der für eine
Stabilisierung des Rentenniveaus auf 48 Prozent gleich bis zum
Jahr 2040 plädiert. Über die Zeit nach 2025 - so die ursprüngliche
Verschiebungs-Vereinbarung - sollte sich eigentlich die mit einem
engen Auftrag und parteipolitischer Dominanz der Auserwählten
versehene Rentenkommission Gedanken machen und Vorschläge
am Ende der laufenden Legislaturperiode vorlegen, damit vor der
nächsten Bundestagswahl nicht noch zusätzlicher
Umsetzungsdruck entsteht. Ganz offensichtlich hat der Vorstoß
des Bundesfinanzministers vor allem parteipolitische Motive, zum
einen die thematische Besetzung für die SPD und zum anderen
ein innerparteiliches Signal im Kontext der nächsten
Kanzlerkandidatenfrage in der (allerdings arg geschrumpften)
Volkspartei.
Nun soll an dieser Stelle gar nicht wirklich tiefer und damit
kritischer auf die Diskussion rund um das ominöse Konzept des
Rentenniveaus eingegangen werden. Nur soviel: Die auch von
Scholz instrumentalisierten Prozentwerte suggerieren dem Bürger
und potenziellen Rentner etwas, was die Zahl nicht erfüllen kann:
ein Abbild dessen, was man selbst als Rente bekommen wird.
Viele, also fast alle Menschen beziehen Werte wie 48 Prozent auf
das, was sie am Ende des Erwerbslebens haben. Das nun ist
genau nicht der Fall, wenn wir vom Rentenniveau sprechen.
Allgemein gesagt: Beim Rentenniveau geht es um das Verhältnis
zwischen einer standardisierten Altersrente sowie dem
(jeweiligen) Durchschnittsentgelt der Versicherten. Die Deutsche
Rentenversicherung definiert „das“ Rentenniveau so: »Das
Rentenniveau stellt die Relation zwischen der Höhe der
Standardrente (45 Jahre Beitragszahlung auf Basis eines
Durchschnittsverdienstes) und dem Entgelt eines
Durchschnittsverdieners dar.«
Nun wurde in diesem Beitrag „das“ Rentenniveau immer mit
Anführungszeichen geschrieben - damit soll angedeutet werden,
dass es eben das eine Rentenniveau nicht gibt. Was damit
gemeint ist, deutet die Rentenversicherung in ihren Ausführungen
mit diesem Hinweis an: »Maßgebend ist das Nettorentenniveau
vor Steuern. Dabei werden von der Standardrente die darauf
entfallenden Sozialabgaben (Kranken- und Pflegeversicherung)
abgezogen. Vom Durchschnittsverdienst werden ebenfalls die
darauf entfallenden durchschnittlichen Sozialabgaben (Kranken-,
Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung) sowie zusätzlich
der durchschnittliche Aufwand zur zusätzlichen privaten
Altersvorsorge abgezogen. Steuern bleiben außer Betracht, da
Renten mit Einführung der nachgelagerten Besteuerung seit 2005
nicht mehr einheitlich besteuert werden.« Aber es gibt nicht nur
ein Brutto- und ein Netto-Standardrentenniveau.
Seit einiger Zeit verwendet man das „Sicherungsniveau vor
Steuern“ (SvS) als Maß für das Rentenniveau (wohlgemerkt: das
hat erst einmal nichts mit dem Niveau der einzelnen Renten zu
tun). Dass man das Niveau vor Steuern ausweisen muss, hängt
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zusammen mit dem 2005 in Kraft
getretenen Alterseinkünftegesetz (AltEinkG) und dem damit
eingeleiteten schrittweisen Übergang von der vor- zur
nachgelagerten Besteuerung. Die eine Nettostandardrente gibt es
nicht mehr, denn der einer Besteuerung unterworfene Anteil der
Renten hängt nun vom Kalenderjahr des Rentenzugangs ab. Aber
das Sicherungsniveau vor Steuern (SvS) wird seit Jahren kritisiert,
u.a. weil im Zähler und Nenner unterschiedliche Abgabenquoten
verwendet werden. Schon 2010 wurde vorgeschlagen, dass man
als Alternative das Rentenniveau als „Sicherungsniveau nach
Sozialversicherungsbeiträgen“ (SnSV) ausweisen sollte (vgl.
dazu beispielsweise Klaus-Heinrich Dedring etal.: Rückkehr zur
lebensstandardsichernden und armutsfesten Rente, Bonn 2010,
S. 24 ff.).
Um den offensichtlichen Komplexitätsgrad noch zu steigern, muss
darauf hingewiesen werden, dass mit dem vorliegenden Entwurf
eines Gesetzes über Leistungsverbesserungen und Stabilisierung
in der gesetzlichen Rentenversicherung (RV-
Leistungsverbesserungs- und -Stabilisierungsgesetz) die
Definition des „amtlichen“ Sicherungsniveaus vor Steuern
verändert wird, was dazu führen wird, dass die ausgewiesenen
Standardrenten etwas höher ausfallen werden. Wer das alles
genauer wissen will, dem sei diese kompakte Zusammenfassung
der unterschiedlichen Rechenwege, die zu unterschiedlichen
Rentenniveaus führen, empfohlen:
Johannes Steffen (2018): Neue Berechnung des
Rentenniveaus, Bremen, Juli 2018
Steffen bilanziert: »Die unterschiedlichen Messverfahren führen
für ein und denselben Sachverhalt zu unterschiedlichen
Ergebnissen hinsichtlich der ausgewiesenen Höhe des
Rentenniveaus (Lohnersatzraten). Was allerdings über alle
Messverfahren hinweg gleich bleibt, ist die ablesbare Tendenz bei
der Entwicklung des Rentenniveaus, das sich immer weiter
entfernt hat vom ursprünglichen Ziel der
Lebensstandardsicherung.«
Der Hinweis auf den Begriff Lebensstandardsicherung verweist
zugleich auf eine bedeutsame Funktion der gesetzlichen Rente,
die dem konzeptionellen Ansatz einer Ausgestaltung der Rente
als Lohnersatzleistung folgt. Wenn man diese Funktionalität ernst
nimmt, dann erklärt sich daraus auch eine eigenständige und
wichtige Kritik an der bislang schon erfolgten und in der Zukunft
weiterlaufenden Entwertung
der lebensstandardsichernden Komponenten .
Aber damit wird auch schon in Umrissen erkennbar: Für das
große Thema einer vorhandenen und möglicherweise weiter
ansteigenden Altersarmut ist die Diskussion über das
Rentenniveau wenn, dann vor allem indirekt relevant, vor allem
aufgrund der absinkenden Zahlbeträge für Neurentner, die
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ansonsten nicht oder nicht so schnell und die
Grundsicherungsschwelle gerutscht wären.
Was wissen wir über die Menschen, die schon heute in der
Altersarmut sind oder es in Zukunft werden (müssen)? Also wer
ist heute schon betroffen und welchen Personengruppen droht der
Weg in die Altersarmut? Darum soll es in diesem Beitrag gehen.
Dazu eine notwendige Vorbemerkung: In der Diskussion
über „Altersarmut“ geht einiges durcheinander. Neben der
immer wieder anzutreffenden grundsätzlichen Infragestellung, ob
es Altersarmut in unserem Land überhaupt geben würde
(ausschließlich vorgetragen von Personen, die sich auf einem
ganz anderen materiellen Niveau befinden und auch nicht selbst
mit Armutsrenten konfrontiert werden), muss man in der
öffentlichen Debatte eine Verkürzung und hoch
problematische Verengung von Altersarmut auf den Bezug von
Grundsicherungsleistungen nach SGB XII (also Hartz IV für
Ältere) zur Kenntnis nehmen. Das aber führt zu einer
Kleinrechnerei dessen, was man nach den gängigen Kriterien der
Armutsforschung und Sozialstatsitik als Einkommensarmut
definiert. Dazu gleich mehr. Es gibt aber auch umgekehrt einen
unterkomplexen Blick auf die Renten aus der gesetzlichen
Rentenversicherung, der dazu führt, dass die Zahlbeträge der
einzelnen Renten gleichgesetzt werden mit dem Einkommen der
betroffenen Menschen, was aber falsch ist. Dazu genauer meine
Ausführungen in dem Beitrag Die Untiefen der großen kleinen
Zahlen: Von mickrigen Renten, einer falschen Gleichsetzung mit
Altersarmut sowie zugleich deren beharrliche Leugnung vom 12.
Juli 2018.
Empfänger von Grundsicherung im Alter
jeweils am Jahresende 2003 bis 2017
2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017
Hier sind nur die Zahlen für die Grundsicherung Im Alter dargestellt: hinzu Kommen die Empfänger von Grundsicherung bei
Erwerbsminderung urtertialb der Altersgrenze nach § 41 Absatz 2 SGB XU. Das waren im Dezember 2017 weite-e 515.000 Menschen.
Zu dem leichten Rückgang 2016 benchtete das Statistische Bundesamt 2017: »Einfluss auf den Rückgang hatte eire zum 1.1.2016 In
Kraft getretene Reform des Wohngelds. Bishenge Bezieherinnen und Bezieher von Grundsicherung gerna'i SGB XII profitieren seitdem
unter Umständen von höheren, vorrangig zu gewährenden Wohngeldbeträgen. Zudem führte eine Rentenanpassung zum 1.7.2016 zu
steigendem Einkommen für Bezieherinnen und Bezieher von Rentenzahlungen Dies gilt insbesondere für Personen über der
Altersgrenze, für die dadurch möglicherweise kein Anspruch mehr auf Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB XII besteht.«
Quelle der Daten: Statistisches Bundesamt. 28.03.2018
_ Aktuelle Sozialpolitik
Bleiben wir in einem ersten Schritt bei der Grundsicherung für
Ältere nach SGB XII. In vielen Artikeln und Meinungsäußerungen
wird darauf hingewiesen, dass die Altersarmut kein wirkliches
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Problem darstellen, denn „nur“ etwas mehr als drei Prozent der
Älteren beziehen die Sozialhilfeleistung Grundsicherung im Alter.
Unabhängig davon, dass wir hier über mehr als 544.000
Menschen reden, die Ende 2017 zu dieser Gruppe gehört haben,
wird eine Gleichsetzung bzw. Begrenzung von Altersarmut mit
offiziellen Grundsicherungsbezug vorgenommen, die so nicht
zulässig ist. Denn die Abgrenzung der Alters(einkommens)armut
ist richtigerweise weiter gefasst.
Bei den auch hier ausgewiesenen Zahlen zum
Grundsicherungsbezug der älteren Menschen muss zugleich
immer berücksichtigt werden, dass wir es hier mit einer absoluten
Untergrenze der Sozialhilfebedürftigkeit zu tun haben. Denn
tatsächlich zeigen Studien eine immer noch sehr hohe
Dunkelziffer - darunter versteht man die Nicht-Inanspruchnahme
von Leistungen aus der Grundsicherung für Ältere, obwohl einem
die eigentlich zustehen. Immer wieder wird in diesem
Zusammenhang ein Wert in Höhe von 40 Prozent genannt - also
40 Prozent derjenigen, die Ansprüche auf
Grundsicherungsleistungen haben, nehmen die aus
unterschiedlichen Gründen nicht wahr.
Das muss man auch vor diesem Hintergrund sehen: Seit 2003 ist
die Grundsicherung für Ältere abweichend von der universellen
Sozialhilfe geregelt. Durch diese Reform sollte explizit die Nicht¬
inanspruchnahme zustehender Hilfen bei alten Menschen
vermindert werden. So wurde der Unterhaltsrückgriff auf Kinder
weitgehend abgeschafft und eine Beratungspflicht
eingeführt. Sozialhilfeempfänger im Rentenalter brauchten nun in
der Regel nicht mehr zu fürchten, dass das Amt sich das Geld bei
ihren Kindern zurückholen könnte. Und die Rentenversicherung
wurde verpflichtet, Kleinrentner auf ihren potenziellen
Grundsicherungsanspruch aufmerksam zu machen. Es handelte
sich also damals um eines dieser heute so selten gewordenen
wirklichen Reformgesetze, wenn man unter Reform nicht Abbau
von Sozialleistungen versteht, sondern einen
Verbesserungsversuch für die betroffenen Menschen.
Die Schätzung der Nicht-Inanspruchnahme, die immer wieder
zitiert wird, geht auf Arbeiten der Verteilungsforscherin Irene
Becker zurück. Vgl. dazu Irene Becker: Finanzielle
Mindestsicherung und Bedürftigkeit im Alter, in: Zeitschrift für
Sozialreform, Heft 2/2010: Ihre Berechnungen auf Basis von
Daten des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) für das Jahr
2007 förderten den folgenden Befund zu Zage: Von gut einer
Million Menschen ab 65 Jahren, denen damals Grundsicherung
zustand, bezogen nur 340.000 tatsächlich Leistungen. Die „Quote
der Nichtinanspruchnahme“, also die Dunkelziffer der Armut,
betrug 68 Prozent. Becker hat damals darauf hingewiesen, dass
so ausgewiesene Dunkelziffer eher eine Unterschätzung
darstellen könnte, wenn man davon ausgeht, dass Menschen, die
den Gang zum Sozialamt scheuen, auch überdurchschnittlich
häufig vor der Teilnahme an Befragungen zurückschrecken.
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Auch wenn seit dieser Studie einige Jahre ins Land gegangen
sind und man von der Annahme ausgeht, dass sich seitdem das
Inanspruchnahmeverhalten der Betroffenen schrittweise
verbessert hat, bleibt das Problem einer großen Dunkelziffer auch
heute auf der Tagesordnung. Das zeigen viele Gespräche mit
Älteren, von denen trotz eines bestehenden Rechtsanspruchs auf
aufstockende Sozialhilfe-Leistungen immer wieder darauf
hingewiesen wird, dass man aus Schamgefühl nicht zum
Sozialamt gegen würde, dass man - teilweise mehr als berechtigt
- Angst vor den als entwürdigend und/oder überfordernd
empfundenen bürokratischen Prozeduren zur Herstellung einer
völligen Transparenz der Vermögens- und
Einkommensverhältnissen habe (vgl. dazu den Beitrag Hartz IV,
Sozialhilfe, Grundsicherung: Überleben in der Ämterbürokratie, in
dem eine Betroffene von den „Terminen zum Entblößen“ spricht)
und sehr häufig auch der Hinweis auf die Angst, dass man aus
der Wohnung, in der viele Ältere seit Jahren leben, raus müsse,
weil sie „zu groß“ oder „zu teuer“ sei. Der letzte Punkt wurde auch
schon von Irene Becker hervorgehoben: Sie empfahl in ihrer 2010
veröffentlichten Studie, dass „die Definition angemessenen
Wohnraums überdacht“ werden sollte. Denn möglicherweise
beantragten viele bedürftige Ältere auch deshalb keine
Grundsicherung, weil sie fürchten, das Amt könnte auf dem
Umzug in eine billigere Wohnung bestehen. „Ein Umzug im Alter
ist aber besonders belastend und der damit verbundene Verlust
sozialer Kontakte meist nachhaltig“, so Becker.
Wer befindet sich heute schon in der Grundsicherung? Mit dieser
Frage hat sich ein an der Universität DuisburgEssen
durchgeführtes Forschungsprojekt beschäftigt, über das in diesem
Beitrag berichtet wird:
Ute Klammer (2017): Aktuelle und zukünftige Risikogruppen
der Altersarmut und Konsequenzen für eine lebenslauforientierte
Alterssicherungspolitik, in: Archiv für Wissenschaft und Praxis der
sozialen Arbeit, Heft 2/2017
Gegenstand der Untersuchung war die typisierende Analyse von
„prekären“ Lebensverläufen und Altersvorsorgebiografien, die im
Ergebnis zu einer Inanspruchnahme der Grundsicherung im Alter
geführt haben. In der Studie wurden sieben
alterssicherungsrelevante Biografiedimensionen identifiziert: die
Erwerbsbiografie, die Familienbiografie, die Gesundheitsbiografie,
die Bildungsbiografie, die Vorsorgebiografie, die
Migrationsbiografie sowie sonstige biografische Risikoelemente.
Das oftmals am Ende dann einen Grundsicherungsbezug
auslösende Muster verbietet eine Reduktion der Analyse nur auf
die Erwerbsbiografie im engeren Sinne. Die Risikoprofile der von
Ute Klammer und Antonio Brettschneider untersuchten Fälle
lassen sich zu sozialen Risikogruppen verdichten, deren
Mitglieder ein Set an „typischen“ Biografiemustern und
Risikokombinationen aufweisen. Klammer und Brettschneider
haben fünf zentrale Risikogruppen herausgefiltert:
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Wer sind die zentralen Gruppen gegenwärtig im Grundsicherungsbezug?
Familienorientierte Frauen
Zugewanderte
Personen ^
-» Arteitsmigranten
(.Gastarbeiter der
1. Generation)
-* (Spätaussiedler
-+ jüdische Kontingent¬
flüchtlinge
Fünf zentrale
Risikogruppen für den
gegenwärtigen
Grundsicherungsbezug
im Alter
Ehemalige
^ Selbständige
Komplex
Diskontinuierliche
Umbruchsgeprägte
Ostdeutsche
Quelle der Risikoprofiie: Ute Klammer (2017): Aktuelle und zukünftige Risikogruppen der Altersarmut und Konsequenzen für eine
lebenslauforientierte AJterssicherungspolitik. in: Archiv für Wissenschaft und Praxis der sozialen Arbeit. Heft 2/2017. S. 17
Aktuelle Sozialpolitik
Die einzelnen Risikogruppen werden in dem Beitrag von Klammer
genauer beschrieben. Hier sollen die „umbruchsgeprägten
Ostdeutsche“ herausgegriffen werden, denn - so meine These -
die nächste große Welle an Altersarmut werden wir in
Ostdeutschland erleben, wenn die vielen Menschen in den
Ruhestand gehen, die lange Zeiten der Erwerbslosigkeit und/oder
>>>