[PDF]Fritz Sell - Knickmann (1933)

[PDF]Wie Ludwig Knickmann starb. Worte seiner Kameraden und Beweggründe für den Kampf im Ruhrgebiet.

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Ludwig Knidmann


Se,


Ludwig Rnidmann


geſchrieben


von jungen Deutſchen


herausgegeben von


Fritz Sell


1933
— ̃ — nn


Drud und Verlag von Gerhard Stalling, Oldenburg i. O.


Der Mutter


des toten Rubrbelden


in Verehrung zugeeignet


Vorwort


Einmal wird in Deutſchland ein Denkmal errichtet,
das den toten Soldaten vom Rhein und von der Ruhr
gewidmet iſt.

Auf dieſem Denkmal wird eingehauen fein; einfach
und ſchlicht, der Name:


Ludwig Knickmann.


Dieſes Denkmal wird den kommenden Geſchlechtern
davon zeugen, daß es in Deutſchland noch Männer
gab, die, als Deutſchland in Schmach und Schande
lag, naturhaft und klar waren wie ein Diamant und
die ein Feuer anfachten, das blutigrot leuchtend am
Sorizont des neuen Morgens emporſtieg.

Und ſo ſollen dieſe Zeilen künden von einem Mann,
der einer der Weuen war, aus dem neues Leben
ſprießte, als um ihn Tod und Verderben brauſte.

Sie ſollen künden von der Seele und von dem Leben
eines jungen Tatmenſchen, deſſen Leben begann in dem
Sturm und Regen der Granaten, und der ſein Leben


75


opferte auf deutſcher eimaterde für die Freiheit fei-
nes Volkes.

Seute führt mit Stolz und in Ehrfurcht vor dem
großen Vorbild die Standarte 337 den Namen

Rridmann,

und wie ein Mahnzeichen leuchtet dieſer Name auf
dem Feldzeichen der SA. voran.

Die SA. möge aus dem Blute der Toten die un⸗
uüberwindliche Kraft zur Erhaltung der deutſchen Na;
tion ſchoͤpfen.


Weſel, im Juli 3938.
Fritz Sell, Sturmbannführer.


So ſprach
Ludwig Anickmann


Eine Viſion


Arieg!

Drei Jahre lang lag ich vorne im Graben, in
Schlamm und Dreck.

Drei Jahre lang lag ich in dem weiten unbekannten
and und ſah das Sterben des deutſchen Soldaten.

Drei Jahre lang rannte ich im Granathagel durch
alle Trichter des Weſtens.

Drei Jahre lang ſah ich Opfer auf Gpfer ſich
türmen.

Dann zogen wir heim.

Man warf Blumen auf uns nieder.

mMenſchen und Menſchen bildeten Spalier und ſchrien
„Surra“.

Und unter ihnen ſtanden einige Geſtalten ganz in
Schwarz, verhüllten das Geſicht mit den anden und
brachten uns auch Blumen — von Tränen benetzt.

Von ihnen hatte ich einige in meinen Waffenrock
geſteckt.

Ich war müde.

Drei Jahre!

Das ſollte das Ende fein,

Das die Antwort auf die endloſen Schmerzen und
ſehnſuchts vollen Träume der deutſchen Menſchen.


*


0


Rote Fahnen zogen fie auf,

Wir waren Soldaten und jagten fie, wo wir fie
trafen, die dieſe Fetzen zum Symbol des deutſchen
Volkes machen wollten.

Wir hielten die Waffe in der Sand und ſchlugen
uns noch einmal für Deurſchland, wie wir es gewohnt
und wie der tote deutſche Soldat in dem weiten fernen
Land es von uns verlangte.

Und dann waren wir wieder daheim.

Meine Mutter war grau geworden.

Sie, wir alle, wir hatten alle nur einen Gedanken:


Deutſchland!


Ich ziehe den grauen Rock aus. Es ſcheint mir, als
ob ich dadurch ein Bürgerlicher wär.

Aber doch, ich bin kein Bürger.

Ich habe all ihren Plunder, den ſie mir einmal auf
gehängt, von mir geriſſen, damals als wir vorwärts
ſturmten mit der Sandgranate in der and.


*


12


Wir figen zu Haus: Meine Mutter, meine beiden
Brüder und ich.

Die Franzoſen beſetzen das Ruhrgebiet.

Dichter Nebel liegt über den Straßen.

Unheimlich. Geſpannte Erwartung.

Mein Blut brennt wie in einem wüften Feuer.

Niemand fagt einen Ton, und doch weiß ein jeder,
was der andere denkt.

Plötzlich durchgellen Schreie die Stadt: „Sie kom⸗
men, ſie kommen!“

Es iſt, als ob nun die Spannung gebrochen.

Ich weiß jetzt, daß wir wieder handeln können.

Es machte mich krank, nur wenige Tage untätig zu
fein: Der Kampf war ein Stück von uns ſelbſt ge-
worden.

Ich nehme meine Piftole, die ich fo lieb haben kann
wie eine Braut.

Am Rhein haben fie Deutſche mit Reitpeitſchen ge
ſchlagen, haben fie verfolgt und in die Berker ge⸗
worfen.

Ich habe meine Piftole in der Taſche.

Ich habe gewartet. Auf was, ich wußte es nicht.
Ich glaubte zu denken. Aber das tat ich auch nicht.
Denn was hat das Denken mit unſerem Öpfer zu tun.

Jetzt weiß ich, worauf ich gewartet habe.


*


13


Draußen liegt Schnee.
Ich treffe mich mit einem Rameraden. Wir müffen


handeln. Geſtern habe ich einem dreckigen Lumpen
die Knochen im Leibe zerſchlagen, weil er den einge
rückten Franzoſen Geſchenke machte.


Das hat mir gut getan.
Das war einer von denen, die uns Gift einſpritzen


wollen, Ein blutroter Zettel klebt an der Flaſche ihres
Giftes.

Ich ging zu den Kameraden.

wir ſprachen nicht viel. Wir lieben nicht langt
Reden. Ich liebe die Kameraden in ihrer Stummheit.

Draußen auf den Straßen iſt eine aufgeregte Menge.

Das Deutſchlandlied klingt auf. Wir marſchieren
zum Sotel zur Poft. Mit wenigen ſtürmen wir hinein
zum Zimmer des franzöfifchen Rommandanten.

„Die Wacht am Rhein“ wird geſungen.

Noch lange marſchiert die empörte und zugleich be
geiſterte Menge durch die ſonſt ſo ſtille Stadt.

Ich gehe heim. Mich fröftelt und doch iſt mir fo
warm. Wir hängen nun wieder am Feinde und wer ·
den uns unſerer Saut wehren mit zuſammengebiſſe⸗
nen Zähnen.


4


Seit mehreren Tagen find wir täglich zufammen-
gekommen. Wir haben darliber geſprochen, was zu
tun fei.

Verſchwörer! Abenteurer

Im ſtillen fragten wir auch, ob wir das ſeien. Wir
wußten, daß man uns ſo heißen würde. Aber was
wußten die, die ſo redeten von dem Soldaten der Na ·
tion, der ſo und nicht anders handeln konnte. Was
wir zu tun gewillt waren, das galt immer und immer
nur der deutſchen Nation und der Muttererde, auf
der wir geboren.


35


Zeute iſt Sonntag.

Ich bin mit meinem Bruder, Jackſtien und Brand
in die Wälder gegangen. Zier wollten wir uns klar
werden.

meine Mutter iſt in Sorge um mich. Vielleicht
verſteht ſie mich nicht.

Sie iſt ſtiller geworden als ſonſt. Sie hat es ſchwer,
ſchwerer als ich, ſie hat mich lieb, wie man einen
Sohn lieb hat und ſie weiß nicht, ob man mich nicht
eines Tages tot ins Saus tragen wird. Ich weiß es
auch nicht. Aber iſt das nicht gleiche Ich habe draußen
meine Pflicht getan und tue ſie heute.

Sicher, für meine Mutter iſt es nicht leicht. Aber
heute gilt es, die Mutter Deutſchland zu verteidigen.


**


36


Wir find uns innerlich klar geworden.

Wir fragten uns, ob dieſer Aampf, den wir kämpf ·
ten, überhaupt einen Sinn hätte.

Wofür kämpften wir? Das war die Frage.

Für die Rapitaliften:

Nein und tauſendmal nein; denn die ſtopften ihren
Geldſack voll mit dem zu Gold gewordenen Blut und
Schweiß der Arbeiter, Bauern und Soldaten.

Aus dem Blut des toten Soldaten münzen ſie Gold.

Den Arbeitern und Bauern ſaugten ſie aus, damit
ſie groß und mächtig wurden.

Einen Götzen ſchufen ſie ſich und den Menſchen.

Einen Bötzen, den fie anbeten, dem fie ſich verfchrie-
ben, dem fie alles untergeordnet.

Ihm brachten fie Opfer: das Blut und den Schweiß
der anderen.

Das Gold war ihr Gott!

Das Gold machten ſie zum Selbſtzweck, obwohl ſie
wußten, daß es nur Mittler fein ſollte, wie das erz
der Mittler zwiſchen irn und Fauſt.

Aber in ihrer Sand wurde es zum Mörder alles
Eebens.

Skrupellos wie ſie waren, kannten ſie nur ihre
eigenen Intereſſen: ihr Gold und ihre Wirtſchaft!
und fie ſahen nicht die Not und das Leid der ruß ·
und ſchweiß bedeckten Bergmenſchen.

Doch follten beide — Wirtſchaft und Geld — nur
zum Wohle der Menſchen da ſein.


2 Ludwig Anidmann J 5


Wie das Waffer immer und immer wieder den
Boden durchtränkt und den Pflanzen Kraft gibt, auf
daß ſie groß und ſtark werden, ſo ſollte die Wirt⸗
ſchaft den tenſchen dienen zu ihrem eigenen Wohl
und ihrer Freude.


38


Sie glaubten Licht zu fpenden wie die heiße und
klare Sonne!

Sie glaubten Gerechtigkeit zu bringen wie die
Sonne die Wärme jedem Menſchen!

Sie glaubten, Brot zu geben allen Menſchen wie
der braune und ſchwarze Boden jedem Samen und
jeder Pflanze Nährſtoff!

Sie glaubten, Frieden und Glück zu ſchaffen!

Aber alles das brachten fie nicht!

Aus dem Licht wurde in ihren gierigen Klauen
tiefſte Finſternis!

Aus der Gerechtigkeit machten fie in ihrem zügel ·
loſen Wollen ihre Willkür!

Das Brot, das ſie den Menſchen geben, eſſen dieſe
mit Tränen und ſchreien auf unter der brutalen Be-
walt!

Da ſie ſäen wollten Frieden und Glück, ernteten ſie
Haß.


19


Vein und abermals nein, für fie ſchlagen wir unfer
Leben nicht in die Breſche, ſondern immer und immer
nur für Deutſchland.

Das waren unſere Worte auf den einſamen Wald-
wegen.

cell fiel der Mondſchein auf die Spitzen der ſchnee⸗
bedeckten Tannen. Wir ſagten kein Wort mehr, um
die feierliche Stille des Abends nicht zu ſtören.

Kalt war es.

Kalt iſt der Tod.

Ich habe ihm oft in feine ſchwarzen Augenhöhlen
geſehen.

Angſt haben die Menſchen vor dem Tod.

Warum? Ich weiß es nicht.

Wir, wir Soldaten des großen Krieges, wir gehen
ihm entgegen als eiſenhartes und glut volles Leben.

Kalt iſt er, eiskalt iſt er, der Tod.

Aber mein Leben wird heiß und heißer durch das
Spüren feiner Kälte.

Ein ewiger Kreislauf iſt es, das Leben:

Vom Werden zum Tode; vom Tode zum Werden.

Unſinnig, ſagen die menſchen, und doch iſt es fo
ſinnvoll.


20


Jurcht und Leid fhifter der Tod den menſchen,
und doch iſt er fo ſchoͤn.
Jo wie die Frucht der Pflanze Erfüllung, fo dem
Leben der Tod.
1


2)


Wir haben mehrere Trupps aufgeſtellt.

Das war keine leichte Arbeit bei dem ftändigen Ver.
rat, der uns verfolgte.

Aber nun ſind etliche Getreue zuſammengeſchweißt
wie ein Eiſenblock.

Es ſind viele mit dabei, die ſchon einmal für ihr
Volk vor dem Feind gelegen haben.

Alle, die ſich zuſammengefunden, ſind die Jungen
mit ihrem heißen Serzen.

Sie ſind ein neuer Anfang.

Sie ſind das Frühlingshafte eines neuen Lebens!


**


22


Wie nach einem Gewitterregen neues Leben ſprießt,
fo begann ihr Leben im Sturm und Regen der Bra-
naten.

Sie ſahen das Neue, als um fie der Tod raſte.

Ihr Leben wurde heiß wie das glutrote Eiſen.

Sie halten das Schwert in der Fauſt, das Schwert,
das ſauſend die Schleier durchfährt, wie der grelle
Blitz die Wolkenwand.

Sie ſind die Schwertträger, die Unbedingten, die
Unentwegten.

Ein Feuer haben wir angezündet, das alles Faule
und Morſche vernichtet, das uns vorwärtstreibt wie
ein Dämon.

Wir laſſen es brennen, dieſes Feuer, hell und hel ⸗
ler, leuchtend und leuchtender, damit die Menſchen,
die noch rein find, den Weg finden zur Söhe, die,
deren Augen man verklebte, deren Seelen verkruſtet
wurden.


Nichts wird von dieſer glühenden Flamme beſtehen
können.

Dieſes Feuer, das uns alle packt, iſt wie eine ver
zehrende Liebe, von der die Menſchen nicht mehr los⸗
können, die ſie feſthält, die ſie immer enger und enger
bindet.


Beute find 74 Tage ins Land gegangen, feit das
Ruhrgebiet beſetzt wurde. In dieſer Zeit haben wir
reichliche Arbeit geleiſtet. uberall ſtehen die Trupps,
dle feſt entſchloſſen und gewillt ſind, das deutſche Volk
vor der fremden Soldateska zu ſchützen.

Die Arbeit war nicht leicht. Überall mußten wir
Verräter wittern. Alle, die zu uns gehören und ſich
zum Widerſtand bekennen, find mit heißem erzen bei
der Sache.

Sprengftoff, Sprengkapſeln, Piftolen und Munition
und alles, was wir ſonſt für unſere Arbeit gebrauchen,
iſt beſchafft.

Es erfüllt uns mit Stolz und mit Freude, daß
wir bald Taten vollbringen können.

Brücken werden in die Luft fliegen, Eiſenbahn⸗
ſchienen werden geſprengt; wo wir den Feind treffen,
werden wir ihn an der Gurgel packen, um das deutſche
Volk vor feinem räuberifchen Zugriff zu fchützen.


**


24


Wie ein Fanal werden unſere Taten fein und der
Welt zeigen, daß wir keine Anechte ſein wollen und
können.

Dem Volk naht ein neuer großer Morgen, die
Morgenröte einer neuen Zeit ſteigt am Sorizont auf.

Der Morgen naht! Wir haben uns bereit gemacht!
Wir ſind auf die höchſten Berge geſtiegen, brachen
dort Steine und zerſchmetterten alles, was uns hatte
wieder klein machen können; denn das darf keinen
Platz in uns haben.

So wie die Kohle zur Flamme entfacht wird, da⸗
mit fie die Menſchen wärme im Winter, fo wollen
wir loderndes Feuer werden, das hell leuchtet, wie die

Fackel in der Nacht.

Eine Flamme wollen wir entfachen, eine Flamme,
die nichts und niemand auslöfchen kann.

Ein Feuer ſoll leuchten, ein Feuer der Freiheit und
Gerechtigkeit.

»selleot ſoll es brennen, dieſes Feuer einer ewigen
Liebe, damit es den deutſchen Menſchen den Weg
weiſe zur Zöhe.


25


Die menſchen feiern jetzt Karneval. Mich erfüllt
das mit einer Wut, die wohl neu in mir iſt.

Sie riechen nicht das Abgeſtandene ihrer Wolluſt.
Sie tanzen ihre Schieberreigen auf dem Grabe des
großen toten Soldaten.

Mögen fie tanzen. Wir wiſſen, daß man damit kein
Volk befreit.

Ich kam zufällig in einen großen, prunkhaften Saal.
Es ſchien ſo, als ob die Menſchen gar nicht wüßten,
daß der Feind im Lande ſei.

Die Damen waren alle in Seide. Die Serren neig ·
ten ſich zu ihnen, ſprachen und lachten ſo viel.

Ich kam mir vor wie ein Fremdling.

Sie tanzten alle. Die Mufif peitſchte fie auf und
jagte ſie über das blanke Parkett.

Einige ſetzten ſich zu mir und fragten, aber ich hörte
nicht, was ſie ſagten. Ich war wohl mit meinen Ge ·
danken bei den Bameraden. Ich dachte wohl an das
Sterben des deutſchen Soldaten.

mich fror. Alles war mir fo fremd. Ich paßte
nicht da hinein. Ich war ein Soldat der Nation. Da
ging ich hinaus aus dem Saal auf die ſchneebedeckten
Straßen.


20


Seit Tagen find wir fieberhaft am Werke. Bom-
ben find in reichlicher Menge verfertigt.

An fünf Stellen wollen wir Eiſenbahnſprengungen
vornehmen.

Endlich!

Aus Deckeln von Rohlenſaureflaſchen hat Jakſtien
ſehr ordentliche Sprengkörper gemacht. Er kann das
glänzend.

Waffen und Munition haben wir jetzt in reichlicher
menge. zwei Caſtwagen voll haben wir uns von der
>>>

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